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13. JANUAR 2023
Stellungnahme: Schwangerschaftsabbruch im liberalen Rechtsstaat
Nicht nur § 219a StGB ist verfassungswidrig, sondern die gesamte deutsche Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch. Dies ist das Ergebnis einer Stellungnahme, die das Hans-Albert-Institut und die Giordano-Bruno-Stiftung zur Verfassungsbeschwerde der Ärztin Kristina Hänel in Karlsruhe eingereicht haben. Die von HAI-Direktoriumsmitglied und gbs-Vorstandssprecher Michael Schmidt-Salomon formulierte Stellungnahme zeigt auf, dass § 219a StGB nur im Kontext der Gesetzgebung betrachtet werden kann, in die er eingebettet ist. Denn nur vor dem Hintergrund des generellen „Unwerturteils“ über den Schwangerschaftsabbruch konnte es überhaupt als rechtmäßig erscheinen, die Meinungs- und Berufsfreiheit von Ärztinnen und Ärzten einzuschränken.
Demokratiefördergesetz: Beteilligung des Hans-Albert-Instituts
Das Hans-Albert-Institut hat auf Anfrage des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) und des Bundesministeriums des Inneren und für Heimat (BMI) eine Stellungnahme zum Demokratiefördergesetz eingereicht. Verbesserungsvorschläge bezogen sich vor allem auf die Betonung der Prinzipien der offenen Gesellschaft – insbesondere im Hinblick auf die Anerkennung individueller Selbstbestimmungsrechte als zentrales Wesensmerkmal einer offenen Gesellschaft und als normativer Kern des Grundgesetzes. Daüber hinaus wurde auf die Notwendigkeit einer umfassenden wissenschaftlichen Evaluation der geförderten Projekte hingewiesen.
Im Rahmen des Beteiligungsverfahrens war HAI-Direktoriumsmitglied Florian Chefai bei einer Fachkonferenz zu Gast, bei der Impulse von 170 Dachverbänden, Fachorganisationen und Wissenschaftler:innen mit Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bundesfamilienministerin Lisa Paus diskutiert wurden.
Hans-Albert-Institut bei der „Richter:innenwoche“ in Österreich
Die „Richter:innenwoche 2022“ des Justizministeriums Österreich widmete sich in Kooperation mit dem Hans-Albert-Institut dem Thema “Recht und Krise”. Mit dabei waren die Philosophen und HAI-Beiräte Reinhard Merkel und Nikil Mukerji, die sich mit Impulsvorträgen und anschließender Diskussion beteiligten.
Justizministerin Alma Zadić betonte in ihren Eröffnungsworten die Bedeutung derartiger Fortbildungsveranstaltungen: „Der Krieg in der Ukraine, die Corona-Pandemie und die Klimakrise verändern die Rahmenbedingungen für unser gesellschaftliches Zusammenleben. Die Frage, wie wir gerade im Recht mit solchen Krisen umgehen, ist daher eine gesellschaftspolitisch zentrale.“
Universität Coimbra ehrt Hans Albert
Im März fand an der Universität Coimbra (Portugal) eine Eröffnungsveranstaltung zur Ausstellung «Direito e princípio da congruência no tempo da ciência: o Século de Hans Albert (N. 1921)» statt, in der das Werk von Hans Albert gewürdigt wurde. Eröffnet wurde die Veranstaltung in den Räumen der Rechtsfakultät mit der Präsentation des Dokumentarfilms “Hans Albert – Der Jahrhundertdenker”, der anlässlich Hans Alberts 100. Geburtstag von der Giordano-Bruno-Stiftung produziert wurde. HAI-Direktoriumsmitglieder Florian Chefai und Jonas Pöld stellten anschließend die Philosophie Alberts sowie die Arbeit des Instituts vor.
HAI-Beirat Michael Braungart mit Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet
Verfahrenstechniker und HAI-Beirat Michael Braungart ist im Dezember mit dem Ehrenpreis des 3. Deutschen Nachhaltigkeitspreises Design ausgezeichnet worden. Die Stiftung Deutscher Nachhaltigkeitspreis würdigt mit der Auszeichnung seine Verdienste auf dem Gebiet der Kreislaufwirtschaft und seine Rolle als Mitbegründer und Promoter des Cradle-to-Cradle-Konzepts (C2C). Anders als klassische Ökologiekonzepte zielt C2C nicht auf das Ausbessern bestehender Rahmenbedingungen, sondern will völlig neue Wege einschlagen: Produkte werden neu erfunden und von Anfang an so designt, dass die gebrauchten Materialien immer wieder als Rohstoff verwendet werden können. Das Credo lautet daher nicht „von der Wiege zur Bahre“, sondern „von der Wiege zur Wiege“. Durch „intelligente Verschwendung“ soll nicht bloß der negative Fußabdruck minimieren, sondern die Welt mit einem positiven Fußabdruck hinterlassen werden.
In seiner Eröffnungs-Rede beglückwünschte Bundeskanzler Olaf Scholz die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger und nahm direkten Bezug auf die C2C-Philosophie: „Mich hat es nie überzeugt, Nachhaltigkeit automatisch mit Verzicht gleichzusetzen. Wachstum und Fortschritt sind in uns angelegt. Aber nicht als ein ‚Weniger‘, sondern vor allem als ‚smarter‘ und ‚besser‘“, so der Kanzler
120 Jahre Karl Popper: Konferenz in Sofia
Die Philosophische Fakultät der Universität Sofia und die Bulgarische Gesellschaft für Analytische Philosophie organisierten mit Unterstützung der österreichischen Botschaft eine Konferenz zur Feier des 120. Geburtstages des Philosophen Karl Popper (1902–1994). HAI-Direktoren Jonas Pöld und Florian Chefai beteiligten sich mit einem Vortrag über die Rolle von Institutionen in der offenen Gesellschaft.
Veröffentlichungen
- Unter den breit gefächerten Interessen von Hans Albert nimmt die Ökonomie einen besonderen Platz in seinem wissenschaftlichen Werk ein. Im Journal of Behavioral and Institutional Economics haben HAI-Beiräte Max Albert und Hartmut Kliemt einen Band mit Aufsätzen zusammengestellt, die sich mit verschiedenen Facetten seines Denkens auseinandersetzen.
- Homöopathie ist eine Pseudowissenschaft – zu diesem Schluss kommen der Philosoph und HAI-Beirat Nikil Mukerji und der Mediziner Edzard Ernst in ihrer umfassenden Studie „Why homoeopathy is pseudoscience“. Sie erklären das Wesen der Homöopathie, erörtern den Begriff der Pseudowissenschaft und geben anschauliche Beispiele aus der Literatur, die zeigen, warum die Homöopathie in diese Kategorie fällt. Gesundheitsminister Karl Lauterbach bezeichnete die Studie als „lesenswert“, da sie sehr klar aufzeige, dass es sich bei der Homoöpathie um eine „gefährliche Pseudowissenschaft“ handele.
- Der Begriff „Neue Rechte“ bezeichnet einen intellektuellen Rechtsextremismus. Seine Akteure verstehen sich als ideologische Wegbereiter eines gesellschaftlichen Rechtsrucks, der autoritär-nationalistische Vorstellungen in reale Politik umsetzen will. Politologe und HAI-Beirat Armin Pfahl-Traughber analysiert in seinem Buch „Intellektuelle Rechtsextremisten“, wie die Neue Rechte systematisch demokratische Auffassungen delegitimiert, um die geistigen Voraussetzungen für einen politischen Wechsel herbeizuführen.
- Vor allem zwischen der Ökonomie und der Soziologie haben sich unterschiedliche methodologische Prinzipien und Funktionen von Handlungstheorien ausgebildet, die allerdings in den letzten Jahren auch wieder Konvergenzen erkennen lassen. In einem Aufstaz beleuchtet Soziologin und HAI-Direktorin Andrea Maurer „Das moderne Menschenbild und die Grundlegung der Sozialwissenschaften“.
- Philosoph und HAI-Beirat Dieter Birnbacher gilt als einer der einflussreichsten deutschen Ethiker. Seine Einführung in die Klimaethik von 2016 ist in vollständig überarbeiteter Fassung beim Reclam-Verlag erschienen.
- Die moderne Informations- und Kommunikationstechnologie ist eine Herausforderung für das gesamte Recht. Das Strafrecht steht vor der Aufgabe, sowohl klassische Delikte in ihrem neuen technisierten Gewand zu erfassen als auch neuen, durch Computernetzwerke wie das Internet erst ermöglichten Kriminalitätsformen zu begegnen. Das neue Lehrbuch „Computer- und Internetstrafrecht“ von Rechtswissenschaftler und HAI-Direktor Eric Hilgendorf und Brian Valerius zeigt aktuelle Probleme aus dem materiellen Strafrecht sowie aus dem Strafverfahrensrecht auf.
- Wie geht der moderne Mensch mit der Unausweichlichkeit des Todes um? Was zählt am Ende des Lebens? Der Philosoph Franz Josef Wetz schlägt in dem Buch „Tod, Trauer, Trost“ einen pragmatischen, tröstlichen Umgang mit dem Tod vor: Er ist ein existenzielles Problem, das Religionen und Weltanschauungen nicht lösen können, sondern das sich bestenfalls wirksam behandeln lässt.
- Angesichts der zahlreichen Krisen der Gegenwart sieht Philosoph und HAI-Beirat Thomas Metzinger keinen Grund für Optimismus. In seinem neuen Buch „Bewusstseinskultur“ beschreibt er, wie intellektuelle Redlichkeit vor dem Hintergrund eines naturalistischen Menschen- und Weltbildes gefördert werden kann und welche politischen Implikationen damit verbunden sind.
Öffentliche Beiträge der HAI-Mitglieder
- Homöopathie wirkt nicht über den Placebo-Effekt hinaus — trotzdem halten viele Menschen am Globuli-Glaube fest. Wie ist das zu erklären? In einer ARD-Doku kamen HAI-Beiratsmitglieder Natalie Grams-Nobmann und Nikil Mukerji als Experten zu Wort.
- Nahtoderfahrungen sind vermutlich so alt wie die Menschheit selbst. Doch erst seit den 1970er-Jahren werden sie wissenschaftlich erforscht. Eine Arte-Doku mit Philosoph & HAI-Beirat Nikil Mukerji hat die Gründe hinter dem Phänomen beleuchet.
Im BR unterhielt sich Mukerji zudem mit der Historikerin Hedwig Richter über das Verständnis von und den Umgang mit gesellschaftlichen Krisen.
- Esoterik und Verschwörungsglaube gehen oft miteinander einher. Die Grenze zu menschenfeindlichen Ideologien verschwimmt dabei zusehends. In einem DLF-Feature wurde Ärztin und HAI-Beirätin Natalie Grams-Nobmann gefragt, worin die Anziehungskraft esoterischer Behandlungen liegt.
Zudem sprach Grams-Nobmann in der ZDF-Sendung MaiThinkX mit Mai Thi Nguyen-Kim über ihre Abkehr von der Homöopathie; und begründete in einem Gastbeitrag im Standard, warum sie sich aus den sozialen Netzwerken zurückgezogen hat.
- All unser Denken ist fehlbar. Was bedeutet das für unser Verhältnis zur Welt und zu uns selbst? Wie sehr können wir uns selbst trauen? Diese und andere Fragen beleuchete eine Arte-Doku mit Philosoph und HAI-Beirat Thomas Metzinger. In einem Gastbeitrag bei „Forschung & Lehre“ erklärte er: „Wer kritische Rationalität will, muss geistige Autonomie wollen.“
Zur Diskussion über den Chatbot LaMDA wurde Metzinger im SWR-Interview gefragt, ob künstliche Systeme leiden können und welche ethischen Konsequenzen daraus folgen.
- Es ist davon auszugehen, dass die Leistungsfähigkeit der Sprach-KI ChatGPT weiter zunehmen wird, sodass sie schon bald in zahlreichen Anwendungsfeldern eingesetzt werden kann. In einem Gastbeitrag in der FAZ erklären Rechtswissenschaftler und HAI-Direktor Eric Hilgendorf, Alexander Pretschner, Ute Schmid und Hannah Schmid-Petri, warum wir uns schon jetzt überlegen sollten, wie wir in Zukunft mit der Technologie und ihren Möglichkeiten umgehen wollen.
- Was passiert, wenn das Gas zum knappen Gut wird? Wie wird es dann gerecht verteilt? Schwache Gruppen brauchen einen besonderen Schutz, erklärte Wirtschaftssoziologin und HAI-Direktorin Andrea Maurer im Interview mit dem BR.
- Manche Länder verzeichnen seit einigen Jahren leicht rückläufige IQ-Werte. In einer Arte-Doku wurde u.a. mit Hirnforscher und HAI-Beirat Lutz Jäncke der Frage nachgegangen, woran das liegen könnte.
- Was ist Hochbegabung?Und wie fördert man hochbegabte Kinder am besten? Im SWR-Interview klärte Psychologin und HAI-Beirätin Tanja Gabriele Baudson über verbreitete Irrtümer auf.
- Das humanistische Magazin „diesseits“ widmete sich in einer Ausgabe aktuellen Fragen der Medizinethik. HAI-Direktoriumsmitglied Franz Josef Wetz beteiligte sich mit einem Beitrag zur Präimplantationsdiagnostik; HAI-Beirat Adriano zur Triage-Debatte.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk schilderte Mannino aus entscheidungs- und spieltheoretischer Perspektive, ob und wie bei einem Einsatz von Atomwaffen eine Risikoabwägung stattfindet.
- Der Begriff „Klimaterroristen“ wurde als Unwort des Jahres gewählt. Auch Politologe und HAI-Beirat Armin Pfahl-Traughber findet, dass der Begriff „Terrorist“ als politisches Schlagwort missbraucht wird – und erklärte im Deutschlandfunk-Interview, wann tatsächlich Terrorismus vorliegt.
In einem Gastbeitrag bei „Endstation Rechts“ analysierte Pfahl-Traughber zudem, inwiefern die Zuschreibung des rechtsextremistischen russischen Philosophen Alexander Dugin als Putins Vordenker zutrifft.
- In Folge seiner Verwicklung in einen Rechtsstreit gegen einen Impfgegner wurde Arzt und HAI-Beirat David Bardens zu einem der bekanntesten deutschen Kritiker der Impfgegner-Bewegung. Im HAI-Interview gab er Antworten zur Impfdebatte.
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