Denkt man nur einmal an die Marktplatzgespräche des antiken Sokrates, dann wird klar, dass Philosophieren keine rein universitäre Angelegenheit ist: Vielmehr kann der gemeinsame Austausch über existentielle Fragen in vielfältigen Lebenslagen bedeutsam sein – insbesondere in den von Karl Jaspers so bezeichneten „Grenzsituationen”, die durch Erfahrungen von Verlust, Krankheit und Tod gekennzeichnet sind. Im Rahmen der Konferenz in Graz ging es darum, möglichen Verbindungen zwischen philosophischer Praxis und dem Feld der Palliativversorgung nachzugehen. Palliative Care kommt dann zum Tragen, wenn Personen unheilbar erkrankt sind, sodass die Linderung ihres Leidens (z.B. in einem Hospiz) fortan im Vordergrund steht. Das Ringen um ein gutes Leben angesichts der menschlichen Vulnerabilität und Sterblichkeit verbindet dabei Grundthemen philosophischer Praxis und palliativer Versorgung.
Jonas Pöld aus dem HAI-Direktorium hielt einen Vortrag über Potentiale der analytischen Philosophie im Umgang mit Grenzsituationen am Beispiel Ludwig Wittgensteins, der Philosophie als eine Form der Therapie verstand, mit Hilfe derer „Frieden in den Gedanken” erreicht werden kann. In dem vielfältigen Tagungsprogramm (bestehend aus Workshops, Podiumsdikussionen, Lesungen und Vorträgen) ging es überdies um Fragen nach einem philosophisch angemessenen Verständnis von Gesundheit und Krankheit, unterschiedliche Formate des gemeinschaftlichen Philosophierens im palliativen Kontext wie auch um die Thematik des assistierten Suizids.
Wenngleich im Rahmen der Konferenz kontrovers darüber diskutiert wurde, welche Ziele, Methoden und Qualitätskriterien philosophische Praxis im Rahmen der palliativen Versorgung ausmachen, so wurden doch zahlreiche Schnittstellen zwischen den beiden Gebieten sichtbar. Die Konferenz zeigte zudem, dass eine in der Sache kritische Debatte und ein achtsamer Umgang miteinander nicht im Widerspruch zueinander stehen.

Foto: Sofia Disson