Kaum jemand anderes hat die Bedeutung der Evolutionstheorie für philosophische Fragen so umfassend beleuchtet wie der Physiker und Philosoph Gerhard Vollmer. Dass wir die Welt erkennen können, ist nach Vollmer keine göttliche Fügung, sondern Resultat einer Jahrmillionen alten Entwicklungsgeschichte. In seinem mittlerweile in neunter Auflage erschienenen Standardwerk Evolutionäre Erkenntnistheorie erklärt Vollmer, dass unsere Denk- und Wahrnehmungsstrukturen deshalb zur realen Welt passen, weil sie sich in Anpassung an deren tatsächliche Strukturen entwickelt haben. Zudem hat Vollmer die Evolutionstheorie genutzt, um das Projekt einer „Einheit des Wissens“ voranzubringen, wodurch er zu einem der profiliertesten Brückenbauer zwischen den Natur- und Kulturwissenschaften wurde.
Anlässlich des 80. Geburtstags von Gerhard Vollmer, der im November 2023 mit einem Symposium am Stiftungssitz der Giordano-Bruno-Stiftung feierlich begangen wurde, hat das Hans-Albert-Institut in Kooperation mit der Giordano-Bruno-Stiftung und der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender junge Menschen bis zum Alter von 30 Jahren zur Teilnahme an einem Essay-Wettbewerb eingeladen. Den Teilnehmenden wurde die Möglichkeit gegeben, sich für eine von zwei Kategorien zu entscheiden: In der ersten Kategorie versammeln sich Beiträge zum Thema „Im Lichte der Evolution“, die sich mit den Grenzen und Möglichkeiten einer universellen Evolutionstheorie und deren Auswirkungen auf unser Welt- und Menschenbild befassen. In der zweiten Kategorie mit dem Motto „Fehlbarkeit als Chance“ wurden Beiträge gesucht, die eine Revision von Auffassungen im Angesicht besserer Argumente oder neuer Erfahrungen beschreiben und analysieren.
Die nun im Alibri-Verlag veröffentlichte Essay-Sammlung „Wir irren uns empor” präsentiert die besten Beiträge des Wettbewerbs, die auf ebenso kluge wie kreative Weise die Fruchtbarkeit des evolutionären Denkens aufzeigen. Sie führen damit nicht zuletzt auch Vollmers Ansatz weiter, indem sie unerschlossene Forschungsgebiete erkunden, etablierte Positionen hinterfragen und jeweils eigene Ideen entwickeln.
Die Essay-Sammlung “Wir irren uns empor” ergänzt damit zwei weitere Veröffentlichungen, die Vollmers Lebenswerk würdigen: Bereits im August ist ein neuer Band in der gbs-Schriftenreihe erschienen, der die Beiträge des Festaktes für Vollmer dokumentiert. Darüber hinaus wird im Dezember 2024 der Sammelband “Emporgeirrt! – Evolutionäre Erkenntnisse in Natur und Kultur” veröffentlicht, der von den gbs- und HAI-Beiräten Helmut Fink und Rüdiger Vaas im Hirzel-Verlag herausgegeben wird.