02. April 2020
ETHISCH-JURISTISCHE BETRACHTUNGEN ZUR CORONAVIRUS-PANDEMIE
Entscheidungen über Leben und Tod
Der Jurist und Rechtsphilosoph Reinhard Merkel (Beiratsmitglied des HAI) hat jüngst an einer Stellungnahme des Deutschen Ethikrates zur Corona-Pandemie mitgewirkt, das in Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums verfasst wurde. Als Experte wurde er in der ZDF-Talkshow „Markus Lanz“ vom 31.03.2020 zugeschaltet, um von der kontroversen Diskussion zu berichten, die innerhalb des Ethikrates geführt wurden. Merkel schilderte: „Das war in einem hohen Maße emotional unterströmt, viel stärker als sämtliche ethischen Debatten, die wir davor geführt haben.“
Falls es auch in Deutschland darauf hinauslaufen sollte, dass zu wenig Beatmungsgeräte für zu viele Patienten mit der Atemwegserkrankung COVID-19 zur Verfügung stehen, müsse bei einer sogenannten „Triage“ entschieden werden, wie und bei wem eine lebensrettende Behandlung priorisiert wird. „Solche Dinge führen an die Grenzen des rational Entscheidbaren“, erklärte Merkel. „Wir stehen vor einer Reihe möglicherweise tragischer Konflikte, für die es keine moralisch schuldlose Lösung gibt.“ So sei es in juristischer Hinsicht problematisch, hochbetagte Menschen mit einer geringeren Überlebenswahrscheinlichkeit von einer Behandlung im vornherein auszuschließen, damit mehr Beatmungsgeräte für jüngere Patienten bereitgestellt werden können. Das Alter allein wäre demnach kein hinreichendes Kriterium für den Zugang zu einer medizinische Versorgung. Ebenso bedenklich sei das Beenden einer laufenden Behandlung, um das Leben eines anderen Patienten zu retten. Merkel stellte fest: „Das ist eine verzweifelt schwierige Entscheidung“, die nach rechtlichen Prinzipien jedoch nicht erlaubt sei.
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