STELLUNGNAHME

Sterbehilfe: Den letzten Weg selbst bestimmen

STELLUNGNAHME  •  22. FEBRUAR 2023

Sterbehilfe: Den letzten Weg selbst bestimmen

Schon in die­sem Früh­jahr könn­te der Bun­des­tag über eine Neu­re­ge­lung der Ster­be­hil­fe abstim­men. Da die der­zeit vor­lie­gen­den Gesetz­ent­wür­fe erheb­li­che Män­gel auf­wei­sen, hat das Hans-Albert-Insti­tut (HAI) eine Stel­lung­nah­me ver­öf­fent­licht, die Leit­li­ni­en für eine fak­ten­ba­sier­te, ratio­na­le und welt­an­schau­lich neu­tra­le Rege­lung vorstellt.

Im Febru­ar 2020 ver­kün­de­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sein bahn­bre­chen­des Urteil zur Ster­be­hil­fe, das den 2015 beschlos­se­nen § 217 StGB (“Geschäfts­mä­ßi­ge För­de­rung der Selbst­tö­tung”) für ver­fas­sungs­wid­rig erklär­te. Das Gericht stell­te unmiss­ver­ständ­lich klar, dass es sich bei dem § 217 StGB um ein „auto­no­mie­feind­li­ches“ Gesetz gehan­delt habe, wel­ches dem Geist der Ver­fas­sung ent­ge­gen­steht. Der Bun­des­tag sieht sich daher vor die Auf­ga­be gestellt, ein neu­es Gesetz zu erlas­sen, das den Vor­ga­ben des Urteils entspricht.

Die von HAI-Direk­to­ri­ums­mit­glied Flo­ri­an Che­fai for­mu­lier­te Stel­lung­nah­me „Den letz­ten Weg selbst bestim­men“ zeigt auf, wel­che Bedin­gun­gen für eine wis­sen­schaft­lich adäqua­te und juris­tisch trag­fä­hi­ge Rege­lung erfüllt sein müs­sen. Zen­tral sei hier­bei, dass das Straf­recht als „schärf­tes Schwert des Staa­tes“ nur als Ulti­ma Ratio ein­ge­setzt wer­den dür­fe: „Wenn ein Gesetz nicht erfor­der­lich ist, dann ist es erfor­der­lich, kein Gesetz zu erlas­sen. Wenn ein Gesetz dar­über hin­aus poten­zi­ell schäd­li­che Wir­kun­gen ent­fal­tet, dann darf es nicht erlas­sen wer­den.“ Die Rege­lung der Sui­zid­hil­fe in Form eines neu gefass­ten § 217 StGB, wie es der von Lars Castel­luc­ci ein­ge­brach­te Gesetz­ent­wurf (BT-Drs. 90/904) vor­sieht, sei daher schon allein aus rechts­theo­re­ti­schen Grün­den abzulehnen.

Autonomie und Fürsorge schließen sich nicht aus

Unter Bezug auf die aktu­el­le Stu­di­en­la­ge räumt die Stel­lung­nah­me mit ver­brei­te­ten Miss­ver­ständ­nis­sen auf. So wird gezeigt, dass im Lau­fe des 150-jäh­ri­gen Bestehens der libe­ra­len Rechts­la­ge in Deutsch­land kein Damm­bruch ein­ge­tre­ten ist. Eine blo­ße „Besorg­nis­per­spek­ti­ve“, wie sie von Ster­be­hil­fe-Geg­nern ins Feld geführt wird, sei jeden­falls kein Grund für eine Kri­mi­na­li­sie­rung der pro­fes­sio­nel­len Sui­zid­as­sis­tenz. Viel­mehr sei­en Ster­be­hil­fe-Orga­ni­sa­tio­nen wich­ti­ge Part­ner bei der Prä­ven­ti­on von Ver­zweif­lungs­sui­zi­den: „Denn Betrof­fe­ne wen­den sich ver­ständ­li­cher­wei­se eher an Insti­tu­tio­nen, die eine ent­ta­bui­sier­te und ergeb­nis­of­fe­ne Bera­tung anbie­ten, statt Sui­zid­ge­dan­ken von vorn­her­ein zu patho­lo­gi­sie­ren“. Ein neu­es Ver­bot wür­de „nicht nur das Risi­ko stei­gern, dass schwerst­lei­den­de Betrof­fe­ne und ihre Ange­hö­ri­gen in exis­ten­zi­el­ler Not auf sich allein gestellt sind; es wäre auch zu befürch­ten, dass ver­mehrt dilet­tan­ti­sche und gewalt­sa­me Sui­zid­me­tho­den zum Ein­satz kom­men, die ver­meid­ba­res Leid verursachen.“

Nach wei­te­ren Aus­füh­run­gen u. a. zur Zuläs­sig­keit einer Bera­tungs­pflicht und zur Rol­le der Pal­lia­tiv­me­di­zin schließt die Stel­lung­nah­me mit einem Ver­weis auf das Gebot der welt­an­schau­li­chen Neu­tra­li­tät des Staa­tes: „Einem Katho­li­ken muss es mög­lich sein, den ‚natür­li­chen Tod‘ vor­zu­zie­hen und auf die Mög­lich­keit der Ster­be­hil­fe zu ver­zich­ten. Zugleich darf ein Athe­ist nicht dar­an gehin­dert wer­den, sein Leben mit Hil­fe Drit­ter vor­zei­tig zu been­den. Eine Neu­kri­mi­na­li­sie­rung der geschäfts­mä­ßi­gen Ster­be­hil­fe wür­de gegen die­se Vor­ga­be unzu­läs­sig ver­sto­ßen. Denn Ster­be­hil­fe-Befür­wor­tern wür­de abver­langt, ihr Selbst­be­stim­mungs­recht zuguns­ten frem­der Wür­de­vor­stel­lung auf­zu­ge­ben. Die Frei­heit der Ster­be­hil­fe-Geg­ner wird durch die Zuläs­sig­keit des assis­tier­ten Sui­zids hin­ge­gen nicht tan­giert.“ Von einem neu­en § 217 StGB sei daher nicht zuletzt auch aus demo­kra­tie- und gerech­tig­keits­theo­re­ti­scher Per­spek­ti­ve abzusehen.

Schon in die­sem Früh­jahr könn­te der Bun­des­tag über eine Neu­re­ge­lung der Ster­be­hil­fe abstim­men. Da die der­zeit vor­lie­gen­den Gesetz­ent­wür­fe erheb­li­che Män­gel auf­wei­sen, hat das Hans-Albert-Insti­tut (HAI) eine Stel­lung­nah­me ver­öf­fent­licht, die Leit­li­ni­en für eine fak­ten­ba­sier­te, ratio­na­le und welt­an­schau­lich neu­tra­le Rege­lung vorstellt.

Im Febru­ar 2020 ver­kün­de­te das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt sein bahn­bre­chen­des Urteil zur Ster­be­hil­fe, das den 2015 beschlos­se­nen § 217 StGB (“Geschäfts­mä­ßi­ge För­de­rung der Selbst­tö­tung”) für ver­fas­sungs­wid­rig erklär­te. Das Gericht stell­te unmiss­ver­ständ­lich klar, dass es sich bei dem § 217 StGB um ein „auto­no­mie­feind­li­ches“ Gesetz gehan­delt habe, wel­ches dem Geist der Ver­fas­sung ent­ge­gen­steht. Der Bun­des­tag sieht sich daher vor die Auf­ga­be gestellt, ein neu­es Gesetz zu erlas­sen, das den Vor­ga­ben des Urteils entspricht.

Die von HAI-Direk­to­ri­ums­mit­glied Flo­ri­an Che­fai for­mu­lier­te Stel­lung­nah­me „Den letz­ten Weg selbst bestim­men“ zeigt auf, wel­che Bedin­gun­gen für eine wis­sen­schaft­lich adäqua­te und juris­tisch trag­fä­hi­ge Rege­lung erfüllt sein müs­sen. Zen­tral sei hier­bei, dass das Straf­recht als „schärf­tes Schwert des Staa­tes“ nur als Ulti­ma Ratio ein­ge­setzt wer­den dür­fe: „Wenn ein Gesetz nicht erfor­der­lich ist, dann ist es erfor­der­lich, kein Gesetz zu erlas­sen. Wenn ein Gesetz dar­über hin­aus poten­zi­ell schäd­li­che Wir­kun­gen ent­fal­tet, dann darf es nicht erlas­sen wer­den.“ Die Rege­lung der Sui­zid­hil­fe in Form eines neu gefass­ten § 217 StGB, wie es der von Lars Castel­luc­ci ein­ge­brach­te Gesetz­ent­wurf (BT-Drs. 90/904) vor­sieht, sei daher schon allein aus rechts­theo­re­ti­schen Grün­den abzulehnen.

Unter Bezug auf die aktu­el­le Stu­di­en­la­ge räumt die Stel­lung­nah­me mit ver­brei­te­ten Miss­ver­ständ­nis­sen auf. So wird gezeigt, dass im Lau­fe des 150-jäh­ri­gen Bestehens der libe­ra­len Rechts­la­ge in Deutsch­land kein Damm­bruch ein­ge­tre­ten ist. Eine blo­ße „Besorg­nis­per­spek­ti­ve“, wie sie von Ster­be­hil­fe-Geg­nern ins Feld geführt wird, sei jeden­falls kein Grund für eine Kri­mi­na­li­sie­rung der pro­fes­sio­nel­len Sui­zid­as­sis­tenz. Viel­mehr sei­en Ster­be­hil­fe-Orga­ni­sa­tio­nen wich­ti­ge Part­ner bei der Prä­ven­ti­on von Ver­zweif­lungs­sui­zi­den: „Denn Betrof­fe­ne wen­den sich ver­ständ­li­cher­wei­se eher an Insti­tu­tio­nen, die eine ent­ta­bui­sier­te und ergeb­nis­of­fe­ne Bera­tung anbie­ten, statt Sui­zid­ge­dan­ken von vorn­her­ein zu patho­lo­gi­sie­ren“. Ein neu­es Ver­bot wür­de „nicht nur das Risi­ko stei­gern, dass schwerst­lei­den­de Betrof­fe­ne und ihre Ange­hö­ri­gen in exis­ten­zi­el­ler Not auf sich allein gestellt sind; es wäre auch zu befürch­ten, dass ver­mehrt dilet­tan­ti­sche und gewalt­sa­me Sui­zid­me­tho­den zum Ein­satz kom­men, die ver­meid­ba­res Leid verursachen.“

Nach wei­te­ren Aus­füh­run­gen u. a. zur Zuläs­sig­keit einer Bera­tungs­pflicht und zur Rol­le der Pal­lia­tiv­me­di­zin schließt die Stel­lung­nah­me mit einem Ver­weis auf das Gebot der welt­an­schau­li­chen Neu­tra­li­tät des Staa­tes: „Einem Katho­li­ken muss es mög­lich sein, den ‚natür­li­chen Tod‘ vor­zu­zie­hen und auf die Mög­lich­keit der Ster­be­hil­fe zu ver­zich­ten. Zugleich darf ein Athe­ist nicht dar­an gehin­dert wer­den, sein Leben mit Hil­fe Drit­ter vor­zei­tig zu been­den. Eine Neu­kri­mi­na­li­sie­rung der geschäfts­mä­ßi­gen Ster­be­hil­fe wür­de gegen die­se Vor­ga­be unzu­läs­sig ver­sto­ßen. Denn Ster­be­hil­fe-Befür­wor­tern wür­de abver­langt, ihr Selbst­be­stim­mungs­recht zuguns­ten frem­der Wür­de­vor­stel­lung auf­zu­ge­ben. Die Frei­heit der Ster­be­hil­fe-Geg­ner wird durch die Zuläs­sig­keit des assis­tier­ten Sui­zids hin­ge­gen nicht tan­giert.“ Von einem neu­en § 217 StGB sei daher nicht zuletzt auch aus demo­kra­tie- und gerech­tig­keits­theo­re­ti­scher Per­spek­ti­ve abzusehen.

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