ESSAY-WETTBEWERB
ZUM 100. GEBURTSTAG
VON HANS ALBERT
Aus evolutionärer Perspektive war Politik oft eine Frage von Leben und Tod. Und so können politische Diskussionen leider auch heute leicht wie eine „Fortsetzung des Krieges mit anderen Mitteln“ wirken. Doch angesichts der fundamentalen Herausforderungen, mit denen sich die Menschheit im 21. Jahrhundert konfrontiert sieht, können wir es uns nicht mehr leisten, unserem evolutionären Erbe blind zu folgen. Wir benötigen stattdessen eine Kultur des rationalen Diskurses, in der Menschen die Bereitschaft zeigen, losgelöst von identitärem Lagerdenken einen nüchternen Blick auf die Fakten zu werfen und im fairen Austausch miteinander der “Wahrheit” allmählich näher zu kommen.
Ein Mensch, der dieses Ideal in seinem Wirken wie kein zweiter verkörpert, ist der Philosoph Hans Albert. Als Vordenker des Kritischen Rationalismus steht er für eine wissenschaftliche Denkweise, welche sich durch Klarheit, Kritikfähigkeit und Aufgeschlossenheit gegenüber alternativen Denkansätzen auszeichnet. Er zeigt, dass das Bemühen um kritische Rationalität eine zentrale ethische Verpflichtung ist, der wir uns allesamt stellen sollten.
Anlässlich des 100. Geburtstags dieses Ausnahmedenkers im Februar 2021 ermutigt das Hans-Albert-Institut (HAI) deshalb in Kooperation mit der Bundesarbeitsgemeinschaft Humanistischer Studierender junge Menschen bis 30 Jahre, die Tugenden des kritisch-rationalen Diskurses zu verinnerlichen und lädt zur Teilnahme am großen Essay-Wettbewerb „Was ist rational?“ ein. Auch Schülerinnen und Schüler sind ausdrücklich zur Einsendung bis zum 8. Februar 2021 eingeladen. Konkret werden dabei Beiträge in den folgenden beiden Kategorien gesucht:
KATEGORIE I
ZEITGEIST & RATIONALITÄT
Die Perspektiven auf die gesellschaftspolitischen Entwicklungen der vergangenen Jahre sind zwar kontrovers, aber untrennbar mit der Frage nach der Bedeutung der Rationalität und nach unserem Umgang mit Andersdenkenden verwoben. Aus diesem Grund sollen in der ersten Kategorie kreative Beiträge prämiert werden, die sich in 1.000 bis 3.000 Wörtern mit mindestens einer der drei folgenden, am aktuellen Zeitgeist orientierten Fragestellungen auseinandersetzen:
Des einen Fake News, des anderen Fakten – kann man Informationen noch trauen? In einer Zeit, in der politische Diskussionen immer rücksichtsloser geführt werden und die viel beschworenen Filterblasen unseren Zugang zu Wissen algorithmisch zu regulieren scheinen, stellt sich die Frage, ob und wie man die Unmengen von Argumenten, Zahlen, Daten und Fakten, mit denen man tagtäglich konfrontiert wird, verarbeiten, geschweige denn kritisch prüfen soll. Wie können wir rational mit diesen Herausforderungen umgehen?
Meine Wahrheit, deine Wahrheit – Relativismus als Gefahr für unser Denken? In den letzten Jahren verbreitet sich eine Doktrin der Gleichwertigkeit unterschiedlicher Überzeugungen, die polemisch mit „Jeder Mensch hat ein Recht auf seine persönliche Wahrheit“ zusammengefasst werden kann. Was ist aus kritisch-rationaler Perspektive von einer solchen Weltsicht zu halten? Und was bedeutet sie für unser Zusammenleben?
Angst statt Argumente – quo vadis Meinungsfreiheit? Der Begriff „Cancel Culture“ hat sich in den letzten Jahren als Charakterisierung eines Zustandes etabliert, in dem durch forcierte Ausladungen oder gar Androhung von Gewalt die Grenzen des Sagbaren zunehmend verengt zu werden scheinen. Einige Kommentatorinnen und Kommentatoren beklagen eine ausufernde Form von politischer Korrektheit und sehen unsere Meinungsfreiheit in Gefahr. Sind diese Diagnosen zutreffend? Wie wichtig ist Meinungsfreiheit für einen funktionierenden, rationalen gesellschaftlichen Diskurs?
KATEGORIE II
RATIONALITÄT &
INTELLEKTUELLE OFFENHEIT
Kaum etwas ist so schwer wie das Eingeständnis, dass man falsch gelegen hat. Zuzugeben, dass die andere Seite im Recht gewesen ist, und auf Basis der Fakten die eigene Sichtweise radikal zu revidieren, wird oft als Zeichen der Schwäche und des Versagens gedeutet. Doch nichts könnte weiter von den Tatsachen entfernt sein: Nur wenn wir bereit sind, neue Belege ehrlich zu durchdenken, ihre logischen Konsequenzen zu akzeptieren und in die eigene Weltsicht zu integrieren, können wir als Gesellschaft Fortschritte machen.
Intellektuelle Offenheit, die Neugierde gegenüber anderen Positionen und der Abschied von liebgewonnenen, aber fehlerhaften Auffassungen sind wertvolle, für eine an den Werten der Rationalität orientierte Lebensführung unerlässliche Tugenden, die es zu würdigen gilt. Gesucht sind deshalb Beiträge von 1.000 bis 3.000 Wörtern Länge, in denen die jeweilige Person ihre Erfahrungen mit dem Eingeständnis, in einer für sie wichtigen Frage falsch gelegen zu haben, schildert. Was war die ursprünglich vertretene Position? Wie hat sie sich geändert? Was war der Auslöser? Wie ist man selbst damit umgegangen? Wie hat das soziale Umfeld darauf reagiert? Hat die Erfahrung den eigenen Meinungsbildungsprozess nachhaltig verändert? Solche und vergleichbare Fragen sollten in dieser Kategorie behandelt werden.
PREISE
Über die Prämierung entscheidet eine interdisziplinäre und hochkarätige Jury. In beiden Kategorien enthalten die jeweils Erstplatzierten einen Geldpreis von 1.000 Euro, die Zweitplatzierten einen Preis von 500 Euro und die Drittplatzierten einen Buchpreis aus den Veröffentlichungen der Giordano-Bruno-Stiftung, die das Hans-Albert-Institut im Februar 2020 gegründet hat. Eine besondere Anerkennung von Schülerinnen und Schülern ist ebenfalls vorgesehen.
Die Gewinnerinnen und Gewinner sollen auf dem großen Symposium zum 100. Geburtstag von Hans Albert im September 2021 in Würzburg ausgezeichnet werden. Darüber hinaus ist eine Veröffentlichung der besten Beiträge in einem Sammelband angedacht.
FAQ
Zum Einreichen der Essays steht ein Teilnahmeformular zur Verfügung.
Wir bitten darum, das Essay als PDF-Datei mit doppeltem Zeilenabstand in Schriftgröße 12, einer lesbaren Standardschriftart (Calibri, Arial etc.) und dem Dateinamen “[Nachname]_[Kategorie 1/2].pdf” über das Teilnahmeformular einzureichen. Auf einem Deckblatt sind Titel des Essays, Kategorie und Name des Autors zu vermerken. Für den Fall einer Prämierung und möglichen Veröffentlichung des Essays wird gegebenenfalls die Ursprungsdatei des Textes (.docx, .tex etc.) benötigt, diese sollte entsprechend aufbewahrt werden.
Nein, es ist ausdrücklich erwünscht, dass Essays mit einem eigenen, zum Thema passenden Titel versehen werden.
Sämtliche Texte müssen in deutscher Sprache eingereicht werden. In anderen Sprachen verfasste Beiträge können leider nicht bewertet werden.
Auch wenn die individuelle Teilnahme im Fokus des Wettbewerbs steht, sind gemeinsame Beiträge mehrerer Urheber zulässig. Im Falle einer Prämierung muss das Preisgeld allerdings entsprechend aufgeteilt werden.
Vertreter der Bundesarbeitsgemeinschaft humanistischer Studierender und des Hans-Albert-Instituts werden sämtliche Beiträge in Abstimmung mit einem Kreis von Intellektuellen und Experten im Hinblick auf die Stichhaltigkeit der Argumentation, die Originalität der These und die stilistische Finesse des Textes als Gesamtwerk beurteilen.
Einsendungen in beiden Kategorien sind möglich. Auch mehrere separate Aufsätze zu verschiedenen Fragen in Kategorie I sind denkbar. Für jedes neue Essay muss das Formular dabei gesondert ausgefüllt werden.
Ja, theoretisch können zwei oder gar alle drei Fragen thematisch kombiniert werden. Es ist jedoch nicht unbedingt leichter, mehrere Fragestellungen in der angemessenen Kürze konzise und originell zu einem größeren Ganzen zu verbinden. Am Ende zählt der Gesamteindruck.
Fremde Gedanken sind selbstverständlich den Regeln des Wissenschaftsbetriebs (Zitationen und/oder Literaturverzeichnis) entsprechend kenntlich zu machen. Gleichwohl wird von den Einsendungen die Entwicklung einer eigenständigen und originellen Argumentation erwartet, sodass wir von einer zu starken Abhängigkeit von publizierter Literatur abraten. Quellenangaben werden natürlich nicht bei der Wortzählung berücksichtigt.
Die Teilnahmefrist ist abgelaufen!
DIESE MELDUNG TEILEN